Das Westernreiten ist eine Impulsreitweise aus Amerika, welche usprünglich von den Cowboys für die tägliche Arbeit mit den Rindern erschaffen wurde. Alles Wissenswerte zu dieser Sportart, deren Geschichte, Disziplinen und über die verschiedenen Westernpferde erläutern wir dir in diesem Beitrag.
Was ist Westernreiten?
Westernreiten ist eine Impulsreitweise, die an die Arbeitsweise der nordamerikanischen Cowboys angelehnt ist, da viele Elemente aus der täglichen Arbeit mit Pferden übernommen wurden. Bei allen Bewegungen liegt der Schwerpunkt darauf, Pferd und Reiter über einen möglichst langen Zeitraum die Ausübung von Arbeiten zu ermöglichen. Westernpferde müssen auf kleinste Impulse wie Gewichtsverlagerungen oder Schenkelhilfen reagieren und möglichst selbstständig arbeiten. So reagieren sie zum Beispiel beim Antraben auf einen Impuls und behalten das Tempo ohne weiteres Einwirken seitens des Reiters solange bei, bis sie einen neuen Impuls bekommen. Typisch für die Reitweise des Western reiten ist auch das Neck-Reining, die einhändige Zügelführung.
Die Geschichte des Western reiten
Der Ursprung des Westernreitens liegt in Amerika. Spanische Auswanderer brachten ihre Pferde mit ins Land, um weite Wege zurücklegen zu können. Das Western reiten ist aus verschiedenen Reitweisen entstanden. Viele Elemente aus dem Reitverhalten der Indianer, die ihre Pferde meist nur mit den Beinen lenkten, wurden übernommen und dem Arbeitsalltag der Cowboys angepasst. Auch die Mexikaner und die Iberische Reitweise beeinflussten dieses Impulsreiten.
Mit ihren ausdauernden Pferden, die einen bequemen Gang hatten, konnten die Cowboys so oftmals bis zu 16 Stunden im Sattel sitzen, um das Vieh zu kontrollieren und zu versorgen. Die Pferde waren nicht nur nervenstark und schnell, sondern zeigten sich im Gelände trittsicher und verfügten über ein gutes Springvermögen. So konnten sie Schritt halten, wenn Rinder davon stürmten. Hilfen des Reiters waren dabei so ausgelegt, dass ohne viel Anstrengung und auch einhändig möglichst viel vom Pferd verlangt werden konnte. Denn die Cowboys brauchten eine Hand, um das Lasso halten zu können.
In Deutschland ist das Westernreiten als Reitsport seit 1978 in der EWU (Erste Westernreiter Union Deutschland e. V.) organisiert. Auf Bundesebene gehört die EWU als freier Anschlussverband der FN (Deutsche Reiterliche Vereinigung) an und hat sich auf Landesebene in 15 Westernreiter-Regionalgruppen zusammengeschlossen.
Im Westernreiten wurden viele Elemente aus der Reitweise der Indianer übernommen und dem Arbeitsalltag der Cowboys angepasst.
Die Westernpferde
Als Westernpferd werden nordamerikanische Pferderassen wie das Quarter Horse, das Paint Horse oder das Appaloosa genutzt. Sie werden speziell für die Anforderungen dieser Impulsreitweise gezüchtet und eingesetzt. Westernpferde sind darauf spezialisiert, dem Druck des Reiters auszuweichen. In der Regel besitzen sie eine große Gelassenheit, sind klein, schnell und wendig, wodurch sie sich für die Herausforderungen im Westernreiten besonders eignen. Westernpferde haben eine Widerristhöhe von 140 bis 160 Zentimeter und einen eher rechteckigen Rahmen mit langer Hüfte, großer Schulter und einem eher kurzen Rücken. Aber auch andere Pferde- oder Ponyrassen wie Haflinger, Freiberger, Norweger oder Schwarzwälder können als Westernpferd genutzt und entsprechend ausgebildet werden.
Quarter Horse
Das Quarter Horse ist die beliebeste und weltweit verbreiteste Pferderasse für das Westernreiten. Von Cowboys werden die Pferde sehr geschätzt, da sie ausdauernd, schnell und wendig sind, weshalb sie ideal für den Viehtrieb und die Rancharbeit sind. Durch verschiedene Züchtungen weisen sie ganz unterschiedliche Talente und Wesen auf. Für die Pleasureklasse eignen sich Pferde, die eher groß gebaut sind und lange, raumgreifende Schritte machen. Als Cutting- oder Cowhorsepferd müssen sie dagegen eher flott und agil reagieren.
Paint Horse
Das Paint Horse unterscheidet sich, bis auf die Zeichnung, kaum vom Quarter Horse und hat hier auch seinen Ursprung. Auch hier gibt es verschiedene Züchtungen für einzelne Disziplinen sowie Farbklassen, in der die Bewertung der Pferde unter anderem auch nach ihrer Zeichnung erfolgt. Sie besitzen eine Grundfarbe, die durch unterschiedlich große und geformte Weißscheckung ergänzt ist. Fehlt die Zeichnung, ist das Paint Horse optisch vom Quarter Horse nicht mehr zu unterscheiden.
Appaloosa
Beim Appaloosa fällt vor allem die charakteristische Schabrackzeichnung auf. Es gibt dabei unterschiedliche Zeichnungs-Variationen wie z.B. Snowflake, Snowcap, Leopard, Few Spot Leopard, Sorrel Leopard, Varnish Roan, Frost und Pintaloosa. Der Ursprung der Pferderasse liegt vermutlich in Spanien, von wo aus sie mit Siedlern nach Nordamerika gelangte und sich mit einheimischen wilden Mustangs vermischte. Es gilt als DAS Indianerpferd schlecht hin und gehört mit zu den beliebtesten Westernpferderassen.
Das Appaloosa fällt auf durch seine unverkennbare Zeichung, wie z.B. dieses Tier mit dem Farbschlag «Leopard».
Das Westernreiten lernen
Das Western reiten ist der ideale Einstieg, um das Reiten zu erlernen. Denn die Westernpferde sind darauf trainiert, ihren Reiter, und somit auch ungeübte Reiter, im Sattel zu halten. Da sie kleiner als übliche Reitpferde sind, gibt es oftmals keine Berührungsängste. Auch wenn es leicht ist das Westernreiten zu lernen, braucht es trotzdem viel Zeit und Erfahrung, bis Pferd und Reiter ein eingespieltes Team sind: Der Westernreiter sitzt entspannt und ruhig im Sattel und das Pferd bewegt sich so, wie es ihm durch Impulse vorgegeben wird.
In einer Westernreitschule mit entsprechend qualifizierten Westerntrainern kannst du am einfachsten und besten das Westernreiten lernen. Oftmals wird ein individuell auf die Altersgruppe und den Ausbildungsstand abgestimmtes Westernreitprogramm oder auch Schnupperkurse angeboten. Gerade für Berufstätige kann das Westernreiten ein guter Ausgleich bei Stresssymptomen oder Burnout sein.
Wenn du Westernreiten lernen möchtest, kannst du dafür eine Ausbildung nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung der FN machen, die die EWU seit 2000 für Kinder, Jugendliche und Erwachsene anbietet:
Im «Basispass Pferdekunde» bekommst du für den Umgang mit Pferden grundlegende Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt. Bevor du ein Leistungsabzeichen (WRA 4, WRA3) erwerben kannst, musst du jedoch zunächst die Prüfung im «Basispass Pferdekunde» bestanden haben. Mit den Motivationsabzeichen 8 und 9 kannst du auch den Basispass ersetzen.
Die Westernreiten Grundlagen werden in den Westernreitabzeichen (WRA) 10 bis 5 geprüft, die du mehrfach und auch in beliebiger Reihenfolge abgelegen kannst. Diese werden auch als Motivationsabzeichen bezeichnet. Je nach Abzeichen gibt es für die Ausbildungsinhalte unterschiedliche Schwerpunkte in
- Theorie: Hier werden z. B. Grundkenntnisse im Umgang mit Pferden und Pferdeverhalten sowie Pflege, Haltung, Gesundheit, Fütterung von Pferden vermittelt. Auch ethische Grundsätze und Tierschutz sind Ausbildungsinhalte.
- Praxis: Hier entsprechen die Anforderungen den jeweiligen Westernreitabzeichen.
Darauf aufbauend können die Westernreitabzeichen (WRA) 4 bis 2 abgelegt werden, die auch als Leistungsabzeichen bezeichnet werden. Hier werden weitreichende Kenntnisse in den verschiedenen Reitdisziplinen und tiefer gehende Kenntnisse in der Pferdekunde gefordert. Auch hier gibt es jeweils praktische und theoretische Prüfungen. Hast du das WRA3-Abzeichen erlangt, kannst du den Antrag stellen, in LK3 eingestuft zu werden. Das WRA2-Abzeichen kannst du auch durch Turniererfolge erreiten. Auch hier kannst du einen Antrag auf Einstufung in LK2 stellen. Das Goldene Westernreitabzeichen bekommst du jedoch nur verliehen, wenn du in Turnieren erfolgreich warst.
Die Impulse und Hilfengebung im Westernreiten
Westernpferde sind darauf trainiert, eine gewünschte Bewegung mithilfe eines Impulses (z. B. Gewichtsverlagerung, Schenkel-, Gerten- oder Zügelhilfe) solange beizubehalten, bis sie einen neuen Impuls erhalten. Dabei gibt es folgende Westernreiten Grundlagen für die Hilfengebung:
- Anreiten: Du belastest kurz deine Beine und Steigbügel und entlastest den Hintern mit dem Pferderücken. Deine beiden Schenkel legst du kurz an und gibst die Zügel leicht nach vorne.
- Wechsel von Schritt in Trab: Das ist die gleiche Bewegung wie beim Anreiten, nur mit ein wenig mehr Energie. Zusätzlich schnalzt du als Stimmsignal.
- Wechsel von Trab in Galopp: Dein Pferd galoppiert auf der richtigen „Hand“ an, wenn du deine innere Hand hebst und so die Schulter auf dieser Seite freimachst. Gleichzeitig musst du dein äußeres Bein eine Handbreit hinter den Sattelgurt anlegen und deinem Pferd ein Stimmsignal geben (z. B. Kussgeräusch).
- Neue Richtung vorgeben: Du verlagerst einfach ganz leicht dein Gewicht in die gewünschte Richtung. Dabei solltest du beide Hände auf gleicher Höhe halten. Der innere Zügel wird vom Pferdehals wegbewegt und der äußere Zügel liegt am Pferdehals an. Die Bewegung ähnelt zwei Flügeln eines Tores: Der eine Flügel öffnet sich, der andere wird geschlossen. Für deine Beine gilt: Eine Handbreit liegt das äußere Bein hinter dem Sattelgurt und das innere Bein liegt am Sattelgurt.
- Langsamer: Du nimmst sanft beide Hände gleich weit zurück und verlagerst dein Gewicht nach hinten und setzt dich tiefer in den Sattel.
- Stopp: Du nimmst deine Beine vom Pferdekörper und verlagerst dein Gewicht nach hinten tief in den Sattel. Deine beiden Hände nimmst du zu einer Zügelhilfe ein Stückchen nach hinten. Mit dem Stimmkommando „Whoa“ oder „Hoo“ unterstützt du die Bewegung.
- Rückwärts: Dein Gewicht verlagerst du mehr auf die Beine und entlastest so den Pferderücken. Du setzt dich tief in den Sattel, beide Beine leicht am Gurt treibst du dein Pferd mit dem Stimmkommando «Back».
Die Disziplinen im Westernreiten
Mittlerweile können Westernreiter in vielen Turnieren und Wettkämpfen ihr Können zeigen, wobei es verschiedene Disziplinen gibt:
- Reining: Diese Disziplin hat ihren Namen von Reins (Zügel) und soll die athletischen Fähigkeiten des Westernpferdes zeigen. Geforderte Manöver wie z. B. Spins (Drehungen), Sliding Stops (Halten bei vollem Tempo), Zirkel, fliegende Galoppwechsel, Roll Backs (gesprungener Richtungswechsel) und Rückwärtsrichten werden in unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausgeführt. Die vorgeschriebene Aufgabe (Pattern) muss auswendig geritten werden.
- Freestyle Reining: Hier kann sich der Reiter aussuchen, nach welcher Musik er sein eigenes Pattern zeigen möchte. Die Kür darf bis zu vier Minuten lang sein und muss Teile aus einer Palette von vorgeschriebenen Manövern enthalten. Diese Disziplin wird ganz ohne Zaumzeug oder Sattel geritten.
- Trail: Das Westernpferd zeigt hier seine Geschicklichkeit. In einem Parcours werden verschiedene Situationen simuliert, wie sie dem Reiter auf einem Wanderritt im Gelände begegnen können. Das Pferd soll sich dabei durch die Parcourshindernisse ohne größere Einwirkung durch seinen Reiter selbstständig und geschmeidig bewegen. So müssen z. B. eine Holzbrücke überquert werden, ein Weidentor ohne Absitzen durchgangen werden oder Stangen, die unterschiedlich angeordnet sind, in verschiedenen Geschwindigkeiten bewältigt werden (z.B. das Pferd rückwärts durch ein „L“ lenken).
- Western Pleasure: Bei dieser Disziplin handelt es sich um eine Gruppenprüfung. Die Richter bewerten die Reiter, die sich alle zur gleichen Zeit in der Arena aufhalten. Gezeigt werden die drei Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp, wobei Tempo und Richtung vom Richter vorgegeben werden. Die jeweiligen Übergänge sind exakt auszuführen und das Pferd sollte auf möglichst feine Hilfen reagieren. Alles soll mühelos wirken und ein Vergnügen (Pleasure) sein.
- Western Horsemanship: Diese Disziplin ist ausschließlich für Jugendliche und Amateure ausgelegt, da vor allem der Reiter mit seiner Haltung, seinem Sitz und der Hilfengebung beurteilt wird. Dieser muss zunächst eine Einzelaufgabe mit verschiedenen Manövern wie Galoppwechsel, Hinterhandwendung und den drei Grundgangarten bewältigen. Anschließend zeigen sich Pferd und Reiter in einer der Western Pleasure ähnlichen Prüfung.
- Western Riding: Dieses ist eine der schwierigsten Disziplinen im Western reiten. Das Pferd hat in einer vorgegebenen Aufgabe unter anderem mehrere fliegende Galoppwechsel punktgenau auszuführen. Die Aufgaben werden weich und an einem angemessen lockeren Zügel geritten.
- Versatility Ranch Horse: Hier soll in fünf Disziplinen die Allroundfähigkeit des Pferdes und die eigentliche Arbeit der Cowboys gezeigt werden: Ranch Trail (6-9 Hindernisse simulieren Tätigkeiten des normalen Ranchalltags), Ranch Riding (zeigt die Bewegungsfähigkeiten des Pferdes im Arbeitstempo unter dem Reiter), Ranch Reining (Basismanöver wie Sliding Stopp, Zirkel, Spins, Rückwärtsrichten, fliegende Galoppwechsel werden im Galopp mit Tempowechseln ausgeführt), Ranch Cutting (Fähigkeit des Pferdes wird gezeigt, ein Rind zu kontrollieren, aus der Herde abzutrennen und fernzuhalten), Ranch Cow Work (Fähigkeiten des Pferdes ein einzelnes Rind zu arbeiten (boxing) und zu kontrollieren).
- Showmanship at Halter: Hier stehen Jugendliche und Amateure im Fokus führen das Pferd am Halfter den Richtern vor. Eine gestellte Aufgabe muss präzise ausgeführt werden.
- Cutting: In dieser Disziplin muss der Reiter innerhalb von zweieinhalb Minuten aus der Herde ein Rind «herausschneiden» und die Rückkehr des Tieres zur Herde verhindern. Ist das Rind von der Herde abgeschnitten, darf der Reiter keine Zügelhilfen mehr geben. Das Pferd muss selbst wissen, wie es sich bewegen und zu arbeiten hat.
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